Kritischer Blick auf freiwillige Leistungen:
Von Bürgermeister Matthias Rudolph
Liebe Fürstenwalderinnen, liebe Fürstenwalder,
die Stadt Fürstenwalde/Spree steht vor großen finanziellen Herausforderungen. Nach aktuellem Stand müssen wir im kommenden Jahr mit einem erheblichen Haushaltsdefizit zwischen voraussichtlich 19 und 21 Millionen Euro rechnen.
Warum ist das so? Unsere Einnahmen setzen sich im Wesentlichen aus Zuweisungen des Landes Brandenburg und eigenen Steuereinnahmen zusammen – etwa aus der Gewerbesteuer. Beide Quellen werden im Jahr 2026 voraussichtlich deutlich weniger einbringen. So wirken sich unter anderem die Ergebnisse des letzten Zensus negativ auf unsere finanziellen Zuweisungen aus, da eine geringere Einwohnerzahl als bisher festgesetzt wurde. Wir erhalten aufgrund dessen rund zwei Millionen Euro weniger vom Land. Auch bei der Gewerbesteuer sieht es schlecht aus, hier sind es rund vier Millionen weniger als 2025.
Dem gegenüber stehen steigende Ausgaben, insbesondere für gesetzlich vorgeschriebene Pflichtaufgaben. Diese machen den Großteil unseres Haushalts aus und lassen uns kaum Spielraum:
Allein die Kreisumlage, die wir jährlich an den Landkreis zahlen müssen, schlägt mit einem Hebesatz von 36% zu Buche. Das wird 2026 mindestens 20,7 Millionen Euro bedeuten. 2025 haben wir 19,2 Millionen Euro gezahlt. Erste Signale aus Beeskow deuten darauf hin, dass der Landkreis um zwei bis vier Prozentpunkte erhöhen will. Dies würde eine Steigerung auf bis zu 23 Millionen Euro bedeuten.
Hinzu kommen steigende Personalauszahlungen (2026 sind das 3,5 Millionen Euro mehr als 2025 – inklusive Kitas und Feuerwehr sind wir bei rund 28 Millionen Euro) sowie Kosten für die Unterhaltung unserer Infrastruktur, etwa Straßen, Sporthallen und öffentliche Gebäude.
Auch die Finanzierung der Kitas in freier Trägerschaft bedeuten jährlich über 8,5 Millionen Euro Transferzahlungen.
Und nicht zuletzt müssen wir dringend notwendige Investitionen tätigen, um den Werterhalt und die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt zu sichern.
Diese Ausgaben sind verbindlich – wir haben hier keine Wahl.
Was bedeutet das für die freiwilligen Leistungen?
Zusätzlich zu den Pflichtausgaben unterstützt die Stadt seit vielen Jahren eine Vielzahl freiwilliger Leistungen – etwa in den Bereichen Kultur, Sport, Jugend und Soziales. Für 2025 waren hierfür über sechs Millionen Euro geplant.
Dazu zählen unter anderem:
• die Kulturfabrik mit Museum, Galerie und Parkclub, der Heimattiergarten,
• Leistungen in der Jugend- und Jugendsozialarbeit,
• Sportförderung sowie Zuschüsse an soziale Einrichtungen.
Diese Angebote sind ohne Frage wertvoll. Sie erreichen bestimmte Zielgruppen und bereichern somit insbesondere für diese das Leben. Sie machen Fürstenwalde insgesamt lebendig, vielfältigund lebenswert. Die Projekte und Einrichtungen tragen zur sozialen und kulturellen Identität unserer Stadt bei – das verdient Anerkennung und Wertschätzung.
Gleichzeitig stehen wir als Stadt in der Verantwortung, unsere finanzielle Handlungsfähigkeit zu sichern. Das bedeutet: Wir müssen ehrlich abwägen, welche freiwilligen Leistungen in Zeiten knapper Kassen noch tragbar sind – und welche möglicherweise auf anderen Wegen weitergeführt oder in neuer Form organisiert werden können.
Wir freuen uns sehr, dass erste Träger und Vereine bereits aktiv auf uns zugehen, den Dialog suchen und konkrete Vorschläge unterbreiten, wie Leistungen neu gedacht oder finanziert werden können. Dafür sind wir dankbar – und wir wissen dieses Engagement sehr zu schätzen. Es ist ein Zeichen von Verantwortung und Mitgestaltung.
Denn eines ist uns wichtig: Wir möchten nicht im stillen Kämmerlein den Rotstift ansetzen. Vielmehr setzen wir auf gemeinsames Handeln, auf Offenheit, Kreativität und Pragmatismus.
Klar ist aber auch: Wir können nicht mehr über unsere Verhältnisse leben. Das ist unverantwortlich. In guten Jahren ist es leider nicht gelungen, einen Sparstrumpf für schlechte Zeiten anzulegen. Wir haben verstanden, dass solide Haushaltsführung die Grundlage für die Zukunft einer Stadt ist.
Fürstenwalde ist vielleicht nicht reich an Geld, aber hoffentlich reich an Engagement. Und das kann vieles kompensieren. In diesem Geist hoffen wir auf weiterhin gute Gespräche, tragfähige Ideen und das Miteinander aller Beteiligten.
Lassen Sie uns gemeinsam Wege finden, wie wir die Vielfalt in Fürstenwalde bewahren können – auch unter veränderten finanziellen Rahmenbedingungen. Denn nur gemeinsam können wir unsere Stadt zukunftssicher gestalten.
Matthias Rudolph,
Bürgermeister