Es ist soweit, ich werde mich heute vor Ihnen outen! Ich muss zugeben – ich bin abhängig!
Nee, nicht was Sie jetzt denken. Doch nicht von irgendwelchen illegalen Nebelsubstanzen oder Amsterdam-Souvenirs. Ich bin abhängig von meinem Navigationsgerät! Jedenfalls, wenn ich mich motorisiert auf fremdem Terrain befinde.
Nun muss ich auch eingestehen, dass meine Orientierungssensoren schon immer sehr dürftig funktionierten. Also, wenn man mich in einem größeren Einkaufsmarkt zweimal um die eigene Achse dreht, finde ich den Ausgang nicht mehr. Dann kommt irgendwann die Durchsage: „Achtung, Achtung – wer vermisst Mann, 1,79 m groß, dunkelhaarig, verstörter Blick!? Bitte den kleinen Jan umgehend an der Fleischtheke abholen!“
Aber ich schweife ab. Ich wollte doch von meiner Abhängigkeit erzählen. Also, ich finde mich ohne Navi in der großen weiten Welt nicht mehr zurecht. Hat man früher vor Antritt einer Fahrt tagelang Autoatlanten und Straßenkarten studiert, sich Knotenpunkte als Erinnerung herausgeschrieben, diese dann an das Amaturenbrett geheftet, war man reisetechnisch eigentlich immer gut vorbereitet.
Heutzutage verzichtet man auf die ganze Kartenleserei, man hat ein Navigationsgerät. Dieses zeigt nicht nur die Landkarte auf dem Display, sondern auch die eigene Position, ermittelt per GPS-Chip. Es berechnet die Route, es errechnet die Ankunftzeit, kennt jede Adresse, warnt vor Stau, leitet um, ist ein mobiles Branchenbuch. Außerdem informiert das Navi per Ansage, wann man abbiegen muss. Eine super Erfindung – gerade auch für so Orientierungslose wie mich.
Aber nur, wenn es funktioniert! Wenn es nicht funktioniert, hat man verloren. Dann wird ein Wochenendkurztrip zur Ostsee zu einer monatelangen Odyssee durch Mecklenburg-Vorpommern, bei der Suche nach dem gebuchten Münchner Hotel, wächst der Bart auf Weihnachtsmannlänge – es soll sogar schon vorgekommen sein, dass fehlgeleitete Navigationsvertrauer nie ihr Ziel erreicht haben!
Sie merken schon, ich schreibe mich hier in Rage. Warum? Ich habe ein fest integriertes Navi in meinem PKW-Rückspiegel. Na, ist das nicht der Hammer – im Rückspiegel! Ich kenne sonst niemanden, der ein Rückspiegelnavi sein Eigen nennen darf! Mein ganzer Stolz! Ich weiß, was Sie jetzt denken. Sie denken gerade, der Knaupp hat ein Navi im Rückspiegel – dass ist ja der Hammer! Jupp, da haben Sie Recht!
Das Problem ist aber, dass sich diese Art von festintegrierten Hammer-Rückspiegel-Navis nie in der Automobilzubehörindustrie durchgesetzt haben, seit 2008 nicht mehr produziert werden, das Kartenmaterial also hoffnungslos veraltet ist.
Jetzt meinen die ganz Schlauen unter ihnen, man bräuchte ja nur ein Update und schwupps – das Material ist aktualisiert! Bei mir aaaaber niiiiicht! Für mein Navi gibt es kein Update, auch Kartenmaterial von anderen Herstellern ist nicht kompatibel.
Ich fahre heute quasi nach den Streckenplänen anno 2007 – und das macht mich irre. Ich fahre über Straßen, die es laut meinem Navi nicht gibt, ich überquere Brücken, die eigentlich nicht da sein dürften, statt mich im Erzgebirge auf der weiterführenden Bundestraße zu bewegen, stehe ich plötzlich vor so einem verkackten Ententeich, ich kutsche über Umwege, statt die kürzeste Route zu nehmen, statt „Sie haben ihr Ziel erreicht“, höre ich immer „Wenn möglich, bitte wenden!“ Und das macht mich wahnsinnig!
Nun könnte ich natürlich wieder auf Autoatlanten umsteigen, Straßenkarten studieren, auf aktuellbestückte Navigationsgeräte zurückgreifen – dass alles lässt jedoch mein Stolz nicht zu! Ich habe schließlich ein fest integriertes Navi in meinem PKW-Rückspiegel – das ist doch der absolute Hammer!