Seit einiger Zeit arbeitet die Verwaltung des LOS an der Erstellung einer neuen Richtlinie (RL) zur Förderung ambulanter sozialer Dienste der Wohlfahrtsverbände als freiwillige soziale Leistung. Im Vorfeld gab es von uns, der Gesellschaft für Arbeit und Soziales (GefAS), umfangreich Bemühungen, dass die bedeutungsvolle Arbeit der Tafeln mit in diese RL aufgenommen wird und die Tafeln damit vom LOS jährlich einen bestimmten Förderbetrag erhalten. Mit großem Bedauern und tiefer Enttäuschung mussten wir als Träger von vier Tafeln im LK, zur Kenntnis nehmen, dass die Finanzierung der Tafelarbeit durch einstimmigen Beschluss der Abgeordneten im Sozialausschuss am 13.05.2025 nicht in die Richtlinie zur Förderung ambulanter sozialer Dienste aufgenommen wurde.
Die ablehnende Begründung der ersten Beigeordneten, dass es sich bei der Tafelarbeit vorrangig um ein Angebot zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung handele und somit nicht in den Förderbereich ambulanter sozialer Dienste mit Schwerpunkt „Beratung, Aktivierung und Betreuung von Menschen“ falle, ist nicht nur unsachgerecht, sondern falsch.
2024 suchten 70.000 Menschen die Tafeln der GefAS im LK auf und erhielten Lebensmittel. Die Zahl ist gewaltig und zeigt u.a. die Armut im LK. Besonders schlimm ist, dass sich unter den Nutzern viele Kinder und Senioren befinden. Wir danken der Abgeordneten der Linken für die Anfrage im Sozialausschuss, warum die Tafeln nicht in diese RL aufgenommen werden.
Bei der Antwort bezog sich die Dezernentin, Frau Kaiser, in Bezug auf die Arbeit der Tafeln auf die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung.
Gleichzeitig äußerte sie, dass die Tafeln vom Bund und vom Land finanziell unterstützt werden und die Jobcenter durch die Bereitstellung von Arbeitskräften ebenfalls Unterstützung gewähren.
In allen Fällen müssen wir von einer bewussten Falschaussage und vorsätzlichen Manipulation der Abgeordneten durch die Dezernentin ausgehen. Die wichtigste Aufgabe der Tafeln ist sozial benachteiligte Menschen ergänzend mit Lebensmitteln zu versorgen, gleichzeitig erfolgen aktivierende Angebote weit über das reine Verteilen überschüssiger Lebensmittel hinaus. Vom Bund und vom Land erhalten die Tafeln keine Zuwendung. Die Dezernentin kennt genau den gesetzlichen Hintergrund von Aktivierungsmaßnahmen (AGH) nach dem SGB II, § 16d 1.1. Grundsatz und Ziel der AGH: Es werden ausschließlich Maßnahmen gefördert, in denen die Teilnehmenden… „arbeitsmarktferne Menschen ihre Beschäftigungsfähigkeit erhalten bzw. wiedererlangen und Integrationsfortschritte erzielen“ sollen. Genau dieses vorgegebene Ziel verfolgen wir mit den Maßnahmen. Gern sprechen wir auch über den teils hohen Integrationsaufwand für die zugewiesenen Personen.
Die vorrangig soziale Funktion und die zivilgesellschaftlichen Leistungen der Tafelarbeit werden von ihr verschwiegen oder bewusst negiert. Die Abgeordneten, die mehrheitlich die Arbeit der Tafeln und ihre Leistungen nicht kennen, werden falsch informiert und manipuliert.
In unseren Tafeln erleben wir täglich, dass sie ein niedrigschwelliger sozialer Anlaufpunkt für Menschen in prekären Lebenslagen sind. Viele der betroffenen Menschen befinden sich in schwierigen psychischen, sozialen oder gesundheitlichen Situationen und erfahren durch die Tafel nicht nur materielle Unterstützung, sondern auch:
• Gespräche, Begleitung und Orientierung, z. B. bei der Bewältigung von Armut, Einsamkeit oder Alltagsproblemen.
• Verweisberatung an Fachstellen wie Schuldnerberatung, Suchtberatung, psychosoziale Dienste oder Jobcenter.
• Teilhabe am sozialen Leben durch gemeinschaftsstiftende Angebote und ehrenamtliches, zivilgesellschaftliches Engagement.
Die RL nennt explizit die Unterstützung von Menschen in schwierigen sozialen Lagen durch Beratung, Aktivierung und Betreuung. Genau dieses leisten die Tafeln tagtäglich:
• Beratung: Im Kontakt mit bedürftigen Menschen erkennen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Probleme und vermitteln entsprechende Hilfen.
• Aktivierung: Viele der ehrenamtlich tätigen Personen bei der Tafel sind selbst Hilfeempfänger oder Menschen mit verminderter Erwerbsfähigkeit – sie finden bei uns sinnstiftende Aufgaben und soziale Integration. Sie werden bei der Integration in das Arbeitsleben sehr zielgerichtet unterstützt.
• Betreuung: Für viele der Tafel-Nutzer ist der wöchentliche Besuch bei der Tafel ein fester Bestandteil ihres Alltags. Sie finden dort soziale Wärme, Verlässlichkeit und Unterstützung.
Die Tafel ist oft der erste Kontaktpunkt für Menschen, die aus Scham oder Unkenntnis keine Hilfe bei offiziellen Stellen suchen. Wir verstehen unsere Arbeit als Teil eines präventiven sozialen Netzes, das niedrigschwellig wirkt – und dadurch letztlich auch andere Hilfesysteme entlastet.
Die gesellschaftliche Bedeutung der Tafeln wird auf Bundes- und Landesebene gesellschaftlich anerkannt. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung sowie in zahlreichen Positionspapieren sozialpolitischer Akteure wird die Tafelarbeit als wichtige Ergänzung kommunaler Hilfestrukturen hervorgehoben. Die Tafelarbeit ist weit mehr als eine Maßnahme gegen Lebensmittelverschwendung!
Sie ist gelebte Sozialarbeit und Solidarität für Menschen am Rande der Gesellschaft, sie fördert Teilhabe, reduziert Ausgrenzung und wirkt präventiv gegen Armut und Vereinsamung. Aus diesen Gründen, wäre es gem. Art.1 Grundgesetz dringend geboten, die Tafelarbeit in die RL zur Förderung ambulanter sozialer Dienste im Landkreis Oder-Spree aufzunehmen. Wir sind gespannt wie die weiteren Ausschüsse und letztendlich der Kreistag am 18.06.2025 entscheiden.
Gerne stehen wir auch für persönliche Gespräche vor Ort zur Verfügung, um die vielschichtigen sozialen Aspekte der Tafelarbeit näher darzulegen.
Siegfried Unger
Vorstand der GefAS

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