Es gelingt einfach nicht, den Kopf der „Frankfurter Freigeister“ zu verurteilen
Der Fall: Im Frühjahr 2022 hatte Ivo Otto, einer der Köpfe der „Frankfurter Freigeister“ eine Fotocollage und ein Video gepostet, in denen dokumentiert wird, dass nationalsozialistische Umtriebe in der Ukraine immer mehr um sich greifen. Zu sehen waren ukrainische Jugendliche, die den Hitlergruß zeigen, ukrainische Soldaten, die mit der Hakenkreuzfahne posieren, deutlich sichtbare SS-Runen oder Wolfsangeln an den Uniformen von ukrainischen Soldaten und Milizionären usw. In seinem Kommentar unter dem Video beklagte Ivo Otto, dass die deutschen Medien über diese Umtriebe nicht berichten würden, obwohl der GEZ-Zahler ein Anrecht darauf hätte.
Dafür ist er am 20. April 2023 wegen Zeigen verfassungswidriger Symbole angeklagt und am 5. Oktober 2023 vom Amtsgericht Frankfurt (Oder) freigesprochen worden. Die für politische Taten zuständige Staatsanwaltschaft Cottbus ging in Berufung, und so wurde der Fall am 28. August 2025 erneut verhandelt, nun vor dem Landgericht.
Die Staatsanwaltschaft erklärte, er hätte sich vom Zeigen der verfassungsfeindlichen Symbole nicht ausreichend distanziert. Aus der Zeugenaussage des Staatsschutzbeamten von vor zwei Jahren wussten alle Beteiligten, dass der Staatsschutz so lange gesucht hatte, bis er Ivo Otto etwas anhängen konnte. Das geschah dann auch; für etwas, was in der Ukraine passiert und wovon sich das Video per se distanziert. Zusätzlich wurde am Ende des Filmchens eingeblendet: „Nationalismus teilt Menschen“ und: „Für eine bunte, vielfältige und föderale Ukraine als Brücke Eurasiens statt einer braunen Mauer.“ Es wird ein Mann in einer ukrainischen U-Bahn gezeigt, der sich gegen die Nazi-Umtriebe in seinem Land wehrt und dafür übel beschimpft wird. Das Video sendet eine klare Botschaft: Auch wenn es alle tun, mache nicht mit! Zu diesem Zwecke wird ein Mann markiert, der auf einer NS-Veranstaltung im Dritten Reich als einziger unter Tausenden seinen Arm nicht zum Hitlergruß hebt: „Be that guy!“ („Sei wie dieser Mann!“)
All das reichte der Staatsanwaltschaft, die in Deutschland politisch weisungsgebunden ist, nicht aus; sie verlangte erneut die Verurteilung von Ivo Otto. Oberstaatsanwalt Hans-Georg Geiger vertrat die Anklage persönlich und forderte in seinem Plädoyer 4.800 Euro Geldstrafe.
Pikant: In der Berufungsverhandlung stellte sich heraus, dass weder Oberstaatsanwalt Geiger noch die Vorsitzende Richterin Sattler das fragliche Video je gesehen hatten. Ivo Ottos Strafverteidiger, der Rechtsanwalt und BSW-Landtagsabgeordnete Sven Hornauf, beantragte daraufhin, den fünfminütigen Film zu zeigen. Darauf kam es zu einer halbstündigen Unterbrechung, in der das Video gesucht und danach im Rahmen der Beweisaufnahme gemeinschaftlich angeschaut wurde. Während vorher alles nach Verurteilung roch, wendete sich nun das Blatt. Am Ende bestätigte das Gericht, das aus der Vorsitzenden und zwei Schöffen bestand, den Freispruch aus der ersten Instanz.
Der Oberstaatsanwalt ließ bereits zu Beginn der Verhandlung verlauten, dass er die Sache gern vom Oberlandesgericht in Brandenburg/Havel klären lassen wollte.
Prozessbeobachter sind sich einig, dass die Hartnäckigkeit, mit der Ivo Otto von der Staatsanwaltschaft verfolgt wird, darauf zurückzuführen sei, dass er für die „Frankfurter Freigeister“ jahrelang die Corona-Demonstrationen in der Oderstadt organisierte. In seiner Zeugenbefragung in der ersten Instanz berichtete der Staatsschutzbeamte, warum er den Telegram-Kanal der „Freigeister“ observiert: Er gab als Grund an, dass die „Freigeister“ gegen die Corona-Maßnahmen gewesen wären und gegen unsere Bundesregierung seien. Das reichte aus, um so lange zu suchen, bis man meinte, Ivo Otto etwas anhängen zu können. In der Berufungsverhandlung räumte allerdings auch Oberstaatsanwalt Geiger ein, dass er bei Ivo Otto keine nationalsozialistische Gesinnung erkennen könne. Eine Verurteilung beantragte er trotzdem; er ist weisungsgebunden.
Als Beobachter sowohl der ersten Instanz als auch der Berufungsverhandlung verfestigte sich bei mir der Eindruck: Hier soll an einem Maßnahmenkritiker ein Exempel statuiert werden. Das ist Corona-Aufarbeitung, wie sie sich die Regierung vorstellt.
Michael Hauke