In diesem Jahr hat es mich voll erwischt, meine Allergie backpfeift mich täglich nach allen Regeln der Kunst. Ich muss nur den Kopf aus der Tür stecken, schon bin ich Mode. Diese „Rhinopathia allergica“ scheint bei mir um die Ecke zu wohnen und nur darauf zu warten, dass ich zwischendurch mal nach der Sonne schiele – sofort ist sie da, steckt mir Hasel- und Weidenpollen in die Nase, streut mir Erlengeschnetzeltes in die Augen und saugt mir meine Spucke aus dem Rachenraum. Scheiß Frühjahr!
Selbst am vergangenen Wochenende war ich kaum außer Haus. Trotz herrlichen Sonnenscheins saß ich drinnen, schaute deprimiert nach draußen – und grübelte. Erst grübelte ich nur so, dann wieder anders herum.
Dann versuchte ich herauszufinden, wann in diesem Jahr die Allergie eigentlich zum ersten Mal zuschlug.
Ich glaube, in diesem Jahr begannen die Allergiesymptome zeitiger als sonst. Oder begann das alles schon letztes Jahr? Etwa zu der Zeit der Annexion der Krim durch Putin? Oder doch im Januar 2015, unmittelbar nach dem Anschlag auf die französische Satirezeitschrift Charlie Hebdo?
Fingen meine Augen an zu tränen, als sich die immer wieder kehrende Asyldebatte auf offener Straße nun auch gegen Flüchtlinge aus Kriegsgebieten wendete?
Spürte ich die Allergie erst Anfang März, als das Verfahren wegen des Erwerbs von Kinderpornografie gegen Ex-Politiker Edathy für eine läppische Geldauflage von 5000,- Euro eingestellt wurde?
Oder schwoll mein Hals etwa in der Woche an, in der der oberste Hirte der katholischen Kirche seine Meinung zur Kindererziehung incl. einer „würdevollen“ Prügelstrafe kundtat? Begann mein Allergiejahr erst, als in Moskau ein russischer Oppositioneller auf offener Straße hingerichtet wurde?
Die genaue Ausbruchszeit der jetzigen Allergie kann ich wohl nicht mehr bestimmen, aber ich hoffe, alle Schuldigen bekommen irgendwann ihre gerechten Strafen.
Bis dahin übe ich mich in Selbstjustiz, ich werde mich für meine antiallergikumsreiche Zeit jetzt grausam rächen.
In den nächsten Tagen gehe ich raus und werde versuchen, alle benachbarten Erlen, Haseln, Pappeln, Ulmen und Weiden in freier Wildbahn zu erschießen. Ach so, ich habe ja gar keinen Waffenschein. Scheiß Frühjahr!