Foto: Stadt Fürstenwalde

Fürstenwalde. Spiel, Spaß, Sport und vor allem soziales Gemeinwesen – vorbei mit der guten Laune? Werden die gesellschaftlich wichtigen Vereine für Kultur, Sport und Bildung zusammen mit ehrenamtlichen Engagement ins Off geschossen? Schon bald flattern Kürzungen der freiwilligen Leistungen in die Vereinshäuser. Unter freiwillige Leistungen fallen jene Angelegenheiten, bei der nur die Kommune entscheidet, ob sie tätig werden möchte oder nicht. Diese bilden das Herzstück der kommunalen Politik, denn es geht vor allem um Aufgaben wie: Beratungsstellen, Museen und Bibliotheken, Jugendeinrichtungen, Sportplätze und Freibäder, Tierparks und weitere Freizeitangebote.
Wir erinnern uns: der abgewählte Bundestag hatte die Schuldenbremse abgeschafft und ein „Sondervermögen“ von bis zu 1,8 Billionen Euro für Rüstung und Infrastruktur beschlossen. Zur Infrastruktur gehört laut Bundesregierung auch die Förderung von NGOs. Aber was ist mit den Vereinen, die eine bedeutende Infrastruktur vor Ort bereitstellen? Die für Gesundheit und Zusammenhalt stehen, die ein unersetzbarer Teil einer jeden Kommune sind?
Das Grundproblem ist: die Kosten für die Pflichtaufgaben laufen aus dem Ruder, und gleichzeitig sinken die Einnahmen. Die Stadt Fürstenwalde weiß keinen anderen Ausweg, als bei den Vereinen zu kürzen, also bei den freiwillgen Leistungen. Die Pflichtleistungen muss die Stadt bezahlen. Darüber gibt es jetzt große Verärgerung und viel Wut. Am Tag der Entscheidung fand auf dem Marktplatz eine Demo statt.

Der Beschluss steht fest
Die Festlegung der bereitzustellenden Summe für freiwillige Leistungen wird auf 6% der Einnahmen aus Steuern und allgemeinen Zuwendungen gekoppelt. Das wurde mit 16 zu 13 Stimmen bei zwei Enthaltungen von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Zusätzlich wurden folgende Punkte vereinbart: Der Bürgermeister wird beauftragt, ein Verteilverfahren für die freiwilligen Mittel zu erarbeiten und frühzeitig mit den Trägern und Vereinen in Kontakt zu treten, um etwaige negative Auswirkungen abzumildern. Und der Bürgermeister prüft, wie und ob derzeit an Sportvereine verpachtete Sportstätten wieder durch die Stadt Fürstenwalde betrieben werden können. Des Weiteren wird der Bürgermeister beauftragt, einen Plan zu erarbeiten, wie diese Sportstätten den Sportvereinen kostenfrei mit einer Mindestausstattung zur Verfügung gestellt werden können. Besondere Sportgeräte, die dem Breitensport nicht dienen, müssen durch die Vereine selbst beschafft werden. Stehen viele Vereine nun vor dem Aus? Der Beschluss bedeutet Kürzungen um bis zu 50%. Oder ist der Beschluss eine Chance? Eine Chance für die Stadt, den finanziellen Rahmen des Haushalts stabil zu halten?

Vorab-Demonstration dagegen
Auf der Demo am 10.07.25, bei der rund 220 Menschen vor Ort ihren Unmut bekundeten, betraten verschiedene Redner die Bühne, darunter der frühere Sozialdezernent Andreas Politz, Friedrich Stachat (Ehrenbürger der Stadt, Fürstenwalder Kulturfabrik) und Pfarrer Kevin Jessa. In den einzelnen Reden wurde klar, wie wichtig die Arbeit der Vereine für die Stadt ist. Es wurde sehr aufbrausend, teilweise fast feindseelig argumentiert. Denn Aussagen wie von Pfarrer Jessa: Wenn man die Kürzungen der freiwilligen Leistungen durchsetze, dann öffne man gleichzeitig die Türen für Rechtsextremismus, schießen über das Ziel hinaus. Sie haben mit einem toleranten, respektvollen Umgang wenig zu tun.
Als Bürgermeister Matthias Rudolph die Bühne betrat, wurden ihm lauthals Buh-Rufe entgegengebracht. Er wollte einige Fakten vortragen, u.a. dass nicht alle Institutionen von den Kürzungen betroffen seien, wie Stadtbibliothek oder Museum. Er trug konkrete Zahlen vor, erreichte die Demonstranten aber kaum, denn sie waren auf Kontra-Kurs. Matthias Rudolph betonte, er stehe auch für all die Ehrenämtler am Mikrofon, die gar nicht an der Demo teilnähmen, denn auch sie sollen mit Wertschätzung für ihren unentgeltlichen Einsatz bedacht werden.

Was passiert mit den Vereinen?
Nicht alle Bereiche der freiwilligen Zuwendungen sind gleichermaßen betroffen, Gelder werden ganz unterschiedlich bemessen. Bis dato fehlt dabei eine konkrete Zuteilung (deshalb auch als Zusatzpunkt beschlossen). Sind nun Insolvenzen vorprogrammiert?
Der Hauke-Verlag traf sich dazu mit Erik Neumann, Vorstand der SG Gaselan. Für viele Fürstenwalder bedeutet das Vereinsleben ein Stück Heimat, Tradition und Verwurzeltsein. Besonders wichtig sind die sozialen Aspekte eines Vereins: Sport verbindet, echte Freundschaften entstehen. Der Verein bietet Möglichkeiten für Persönlichkeitsentwicklung, er ist eine Art Katalysator, jeder darf sich einbringen, ein Engagement, das eine Stärkung des Gemeinwesens hervorbringt. Es geht auch um Kooperationen, z.B. in Form von Sportprojekten mit Schulen, es geht um Chancen einer gesellschaftlichen Weiterentwicklung, z.B kann man eine Trainerausbildung machen und somit den eigenen Verein, aber auch andere unterstützen, voranbringen.
Seit mehr als 11 Jahren erhalte die SG Gaselan einen gleichbleibenden Zuschuss, so Erik Neumann. In Anbetracht der gestiegenen Kosten sei selbst dies schon mit viel Rechenaufwand verbunden. Durch die Kürzungen falle die längerfristige Planungssicherheit weg.
In Zeiten der Zunahme von psychischen Belastungen, Armut, Einsamkeit und Integrationsbedarf spielen die Vereine eine tragende Rolle, sie knüpfen ein Auffangnetz und geben Halt. Es fehlen jedoch insgesamt Fachkräfte, viele Arbeitsverhältnisse bestehen nur projektgebunden. Die Kürzung der Mittel bedeute Stellenabbau, aber auch den Wegfall von Schutz- und Bildungsräumen für Kinder und Jugendliche.
Ein Mangel in der Beschlussvorlage der Stadtverordneten sei die unkonkrete Detailaussage. Doch es geht auch um die fehlende Kommunikation. Zu spät erfuhr sein Verein – wie alle anderen auch – von dem Kürzungsvorhaben.
So fühlen sich die Vereine unsicher, wie es in Zukunft weitergehen soll, eine kurzfristige, übereilte und kurzsichtige Entscheidung in dieser Sache – vor der Sommerpause – gefährde die Existenz von langjährig aktiven Vereinen. Die Frustration ist enorm.

Fazit, was geht besser?
Die Vereine fühlen sich im Stich gelassen. Der Umgang miteinander lässt arg zu wünschen übrig. Die Kommunikation fehlt. Die Perspektive ebenso. Eine offene Runde vorab mit allen Trägern wäre wünschenswert gewesen. Immerhin geht es um ein gemeinsames Ziel, nämlich, die Stadt Fürstenwalde weiterhin attraktiv zu gestalten. Kürzungen scheinen angesichts der politischen Großwetterlage, die die Stadt ausbaden muss, unumgänglich. Aber: Niemand möchte die Vereine abschaffen. Es muss darum gehen, gemeinsame Perspektiven und Lösungsansätze zu finden, einen offenen, respektvollen Umgang zu leben, statt politischem Durchsetzen.
Es ist zielführender, sich auf ein gemeinsames Spielfeld, und zwar auf lange Sicht, zu begeben, um in schwierigen Zeiten gemeinsam etwas zu bewegen. Für ein Fürstenwalde mit Zukunft, vor allem in Hinblick auf unsere Kinder und Jugendlichen. Bewahren wir alle unsere Menschlichkeit und gehen vor allem in die Selbstverantwortung, um Chancen zu nutzen und den Zusammenhalt zu stärken.
Bianca Laube

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