Es geht zu Ende mit der freien Meinungsäußerung

In der vergangenen Ausgabe hatten wir an zwei Stellen über die Ziele des vom Bundeskabinett beschlossenen „Demokratiefördergesetzes“ berichtet. Das Gesetz, das vom Bundestag noch verabschiedet werden muss, soll die Meldungen über „staatswohlgefährdenes Verhalten“ einzelner Mitbürger fördern, auf deutsch: die Denunziation Andersdenkender. Politisch eingebettet ist es in das Programm „Demokratie leben“ (!) und den „Kampf gegen rechts“. Verfassungsschutzpräsident Haldenwang (CDU) erklärte am 13. Februar auf einer Pressekonferenz: „Dabei sind wir auf die Unterstützung der Öffentlichkeit angewiesen“, also darauf, dass aufmerksame Bürger Meldung machen. Innenministerin Faeser (SPD) ergänzte: „Niemand darf unentdeckt bleiben!“ Mit diesem Gesetz wird die Meinungsfreiheit in einem Maße bedroht, wie seit der Wende nicht mehr. Denunziation, Einschüchterung und Gerichtsverfahren als staatliche Reaktionen auf die freie Meinugsäußerung sind das Gegenteil eines demokratischen Gemeinwesens. – Langjährige Leser wissen, welchen Repressalien, Boykottaufrufen und Einschüchterungen der Hauke-Verlag nur deshalb ausgesetzt war, weil hier die offiziellen Corona-Zahlen veröffentlicht wurden, die die „Überlastung des Gesundheitswesens“ und die „Pandemie der Ungeimpften“ als riesige Lüge entlarvten. Aber Corona war erst der Anfang. Aktuell wird vom Staat versucht, den letzten Rest von Pluralität und Meinungsfreiheit einzuebnen. Dazu finden Sie hier zwei Beispiele, die man vor Corona noch für unvorstellbar hielt.

Von Michael Hauke

Zwei Wochen nach oben beschriebener Pressekonferenz (Faeser: „Niemand darf unentdeckt bleiben!“) kam es in Mecklenburg-Vorpommern zu Geschehnissen, wie man sie sich bis vor 2020 nicht vorstellen konnte: Eine 16-jährige Schülerin des Richard-Wossidlo-Gymnasiums in Ribnitz-Damgarten wird mitten im Unterricht von drei Polizisten abgeholt – ohne Handschellen, wie der mecklenburgische Innenminister Christian Pegel hinterher hervorheben wird. Das Vergehen der Gymnasiastin: sie hatte auf TikTok gesagt, dass Deutschland nicht nur ein Ort auf der Landkarte sei, sondern Heimat. (Es gibt wohl nur einen Staat auf der Welt, in dem ein Bekenntnis zur Heimat von der Polizei verfolgt wird.) Außerdem hatte sie Monate vorher ein kurzes AfD-Werbevideo repostet, in dem es heißt: „Die Schlümpfe und Deutschland haben etwas gemeinsam: sie sind blau.“ Man sieht die Schlümpfe und dann eine Deutschlandkarte mit den AfD-Wahlergebnissen in den einzelnen Bundesländern. (Sie können sich das Filmchen auf meinem Telegramkanal „Michael Hauke, Verleger“ ansehen; bitte scrollen sie zum 15.03.2024 zurück.)
Die „Junge Freiheit“ berichtete als erste über den Fall. Die Schülerin wurde von ihrem eigenen Direktor denunziert. Er rief an jenem 27. Februar um 9:45 Uhr die Polizei, die das Mädchen wenig später mit drei Beamten aus dem Chemieraum abführte. Das schilderte die völlig aufgelöste Mutter der JF. Ihre Tochter wurde demnach ins Lehrerzimmer verbracht, wo sie eine „Gefährderansprache“ erhielt, wie Landesinnenminister Pegel (SPD) am 15. März vor dem Landtag in Schwerin erklärte. Die Beamten konnten ihr nichts Strafbares vorwerfen (das Demokratiefördergesetz ist ja noch nicht in Kraft), wiesen sie aber an, solche Posts in Zukunft zu ihrem eigenen Schutz zu unterlassen. Der Pressesprecher der Polizei nannte es ein „normenverdeutlichendes Gespräch“. Lassen Sie dieses Wort einen Moment auf sich wirken. Der Innenminister sagte im Landtag: „Das Vorgehen dient nach unserer Überzeugung dem Schutz sowohl der Schülerin als auch in der Gesamtkonstellation dem Schutz der Schule, weil wir dann auch ein Stück weit Grenzziehung klar bekundet haben.“
In Artikel 5 des Grundgesetzes, den der Hauke-Verlag nicht ohne Grund in jeder Ausgabe veröffentlicht, heißt es: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten.“
Was hier geschah, war kein Ausrutscher, sondern passierte – wie der Innenminister hinterher unterstrich – mit voller Deckung der Regierung. Das Ganze läuft unter den Losungen „Für Vielfalt und Toleranz“ und „Demokratie leben“. Legitimiert wird das Vorgehen durch die Massen-Demonstrationen der vergangenen Wochen. Was die 16-Jährige und ihre Mitschüler hier im Chemie-Unterricht erlebten, war eine Lektion in Demokratie, die sich bei der gesamten Klasse tief eingeprägt haben dürfte.
Man sollte sich einen Augenblick in die Situation dieses jungen Menschen versetzen: drei Uniformierte holen dich ab und warnen dich, solche Posts nicht zu wiederholen. Sie nennen es „Gefährderansprache“: Wir haben Dich auf dem Schirm!
Wer gefährdet in diesem Falle wirklich die Demokratie? Das Mädchen, das von seinem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch macht oder die Staatsmacht, die dieses Recht unterdrückt?
Man muss nicht jede Meinung gut finden, aber man muss sie äußern dürfen. Genau das ist Demokratie! Andere Meinungen zu respektieren, ist übrigens Toleranz, von der gerade so viel die Rede ist.
Was der Schülerin widerfahren ist, ist eine Einschüchterung der freien Meinungsäußerung, wie sie drastischer nicht sein könnte. Sie musste sehr eindringlich erfahren, was inzwischen in unserem Land als Demokratie gilt und dass man keinem mehr trauen kann, wenn jeder – in ihrem Fall der Schuldirektor – als Denunziant tätig werden kann. Was sucht ein Erwachsener Mann eigentlich auf dem TikTok-Account einer 16-Jährigen?
Der Innenminister verkündete zum Schluss die frohe Botschaft: die „Gefährderin“ habe sich den Beamten gegenüber einsichtig gezeigt. „Demokratie leben!“
Von Mecklenburg-Vorpommern nach Bayern. Hier wurde eine Strafe von 6.000 Euro verhängt. Das Verbrechen: Verunglimpfung der Grünen. Ein Unternehmer aus Bad Tölz hatte auf seinem eigenen Grundstück ein Banner aufgehängt, auf dem prominente Grüne abgebildet waren. Darüber stand: „Wir machen alles platt!“ Auf dem Plakat sind Ricarda Lang auf einer Walze, Annalena Baerbock als kleines Mädchen, Robert Habeck mit leeren Taschen und Cem Özdemir zu sehen. Dazu das Logo der Grünen mit dem verfremdeten Namen „Bündnis 90/Grüner Mist“, darunter das Habeck-Zitat: „Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen.“
Angeklagt ist der Unternehmer noch wegen eines weiteren Banners, das Wirtschaftsminister Habeck und seinen Satz „Unternehmen gehen nicht insolvent, sie hören nur auf zu produzieren“ zeigt. Darunter die Frage: „Kann er überhaupt bis drei zählen?“ In der Anklage des Amtsgerichts Miesbach heißt es: „Durch die Banner wollen Sie Ihre Missachtung gegenüber den Geschädigten ausdrücken. […] Zudem waren die Äußerungen auf den Bannern, wie Sie zumindest billigend in Kauf nahmen, geeignet, das öffentliche Wirken der Geschädigten erheblich zu erschweren.“ Das bei den „Demos gegen rechts“ dutzendfach gezeigte Plakat „Afd‘ler töten!“ ist hingegen nicht zu beanstanden. „Demokratie leben!“
Nachdem der Taxiunternehmer die Plakate aufgestellt hatte, erschienen zwei Polizisten auf seinem Grund und Boden, legten die Plakate um, so dass sie nicht mehr zu sehen waren. Der Angeklagte richtete sie danach wieder auf. Das nächste Mal kamen die Beamten mit einem richterlichen Durchsuchungsbeschluss. Dann folgte die Geldstrafe, gegen die er Einspruch einlegte, weswegen es in dieser Woche zur Verhandlung kommen wird.
Guido Westerwelle sagte 2011: „Freiheit stirbt immer zentimeterweise.“ Das Tempo hat sich verschärft. Inzwischen geht es mit Sieben-Meilen-Stiefeln voran.

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