Am 21.04.2011 berichtete Spiegel Online: „Deutschland braucht eine neue Energiepolitik – zur Not auch gegen den Widerstand der Bevölkerung, meint Brandenburgs Ministerpräsident Platzeck. Er bemängelt, dass viele Bürger nicht nur die Atomkraft ablehnen, sondern sich auch gegen Alternativen wie Windräder, Biogasanlagen und Ökostromtrassen wenden.“
Der Landesvater scheint genervt zu sein. Genervt von einem Wahlvolk, das nicht mehr jede politisch-wirtschaftliche Vision stillschweigend über sich ergehen läßt. Nun könnte man meinen, der nette Herr Platzeck hätte ja eigentlich Recht. Wenn wir einen schnellen Atomausstieg realisieren wollen, können wir uns nicht gegen jegliche Alternativen der Stromerzeugung sperren. Irgendwo muss ein Anfang gemacht werden, das ist richtig so.
Trotzdem macht mich diese Aussage von Platzeck stutzig. Geht es ihm bei diesem Statement wirklich um eine allgemeine bürgerliche Ablehnung gegen Stromalternativen? Gibt es überhaupt diese allgemeine Ablehnung? Ich persönlich glaube das nicht. Ich glaube eher, dass die Art und Weise, wie Politik und Wirtschaft zusammen Energiepolitik betreiben, statt Vertrauen eher Mißtrauen bei den Bürgern schafft. Und da ist auch der nette Herr Platzeck keine Ausnahme – und plötzlich ist er auch nicht mehr so nett.
Als eiserner Verfechter der CCS-Technologie und der CO2-Endlagerung in Brandenburg ist der Ministerpräsident ja bis heute resistent gegen den Willen der betroffenen Bevölkerung und gegen alle Argumente, die diese Technologie als unsinnig und gefährlich deklarieren. Lieber scheint sich der Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern und Schulterband bei der Kohleindustrie, bei Vattenfall & Co, bei dem Lobbyverband IZ-Klima und bei allen, die mit dem unterirdischen Verstecken von Industrieabfall aus Kohlekraftwerken Geld verdienen wollen, einen guten Namen zu machen.
Ist es vielleicht möglich, dass sein „…zur Not auch gegen den Widerstand der Bevölkerung“ eventuell als eine klare Ansage zu werten ist? Er scheint jedenfalls vom Widerstand des ehemalig ruhigen Wahlvolkes wenig angetan! Wenn die Bürger gegen die Ansinnen des Landesoberhauptes rebellieren, da kann man schon mal die majestäti…, T‘schuldigung, ich meinte natürlich die präsidentische Kontenance verlieren. Und dann hat er seine geplante CO2-Verpressung auch noch nicht unter Dach und Fach. Ist da eine gewisse Frustration nicht zu verstehen? So ein Ministerpräsident hat es eben nicht leicht.
Da hoffte er bis vor kurzem noch auf ein klares CCS-Gesetz, doch der Gesetzentwurf erwies sich für Platzecks Pläne als ungeeignet. Auch wenn dieser Gesetzentwurf von CCS-Gegnern eher als staatliche Beruhigungspille mit Hintertürchen für die Industrie betrachtet wird, die schnelle Umsetzung des CCS-Projektes wird zeitlich gehemmt.
Seine Entrüstung gegen den vom Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzentwurf zur unterirdischen CO2-Speicherung bezog sich hauptsächlich auf die sogenannte Länderklausel. Diese Klausel würde den Ländern ein Vetorecht einräumen, welches den Bundesländern einen Ausstieg aus dem Gesetz bzw. ein gewisses Mitspracherecht bei der CO2-Speicherung ermöglicht. Da nun aber scheinbar kein anderer Bundeslandminister die CO2-Verpressung ins jeweilig gelobte Land holen will, steht Brandenburgs El Presidente im Moment irgendwie komisch da. Könnte er sich auf ein Gesetz berufen, das allen potentiellen Speicherländern diese Technologie ohne Wenn und Aber aufzwingt, wäre es für ihn natürlich leichter, sein Ansinnen als gesetzliche Vorgabe zu deklarieren.
Dass seine Ministerkollegen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sich scheinbar mehr über die Risiken dieser Technologie informieren, ihre Bedenken äußern und sie ablehnen, lässt Platzecks Klimaschutz à la CCS nicht wirklich vertrauenswürdig und glaubhaft erscheinen. Aber gut, wenn ein Ministerpräsident offen und ungeniert von einer Durchsetzung „…zur Not auch gegen den Widerstand der Bevölkerung“ spricht, dann hat er wohl die Bodenhaftung verloren und sich als Repräsentant und Vertreter eben dieser Bevölkerung disqualifiziert.
Auch wenn er sich öffentlich gegen ein Brandenburg als alleiniges Verpressungsgebiet ausspricht, Fakt ist, dass er weiterhin die unterirdische Endlagerung von Industrieabfall in unserem Land befürwortet. Und wenn es nach ihm ginge, wohl auch „…gegen den Widerstand der Bevölkerung.“
PS.: Der Ministerpräsident hat wohl keine Möglichkeit, sein unbequemes Wahlvolk auszutauschen – irgendwann erhält aber das Wahlvolk die Möglichkeit, einen Ministerpräsidenten, der Politik gegen die Bevölkerung machen will, auszutauschen!