von Jan Knaupp

Gerade eben war es noch da, jenes geborgene Weihnachtsgefühl. Der Duft von Tanne und Pfefferkuchen hängt mir noch in der Nase. Freundliche Worte, gute Wünsche.
Wenn dann das neue Jahr näher rückt, bemächtigt sich einem mitunter ein etwas unbestimmtes Gefühl. Aus irgendeinem Grund sagt man sich angesichts der letzten Blätter, die vom Kalender fallen, dieses und jenes muss im neuen Jahr anders werden.
Dann ist es soweit. Silvester – die Verabschiedung vom alten und die Begrüßung des neuen Jahres.
Punkt 0:00 Uhr, alle liegen sich in den Armen, die ersten unrealisierbaren guten Vorsätze für’s neue Jahr werden gleich wieder auf den Müllhaufen, zu den vielen anderen gescheiterten Vorsätzen der Vergangenheit, geworfen.
Vor geraumer Zeit hatte so ein neues Jahr für mich immer den Nimbus des Unverdorbenen. Ein weißes Blatt Papier. Die Chance für einen Neuanfang, welcher Art auch immer.
Irgendwann ist mir dieses Gefühl verloren gegangen. Vielleicht wurde es mir auch genommen, oder ich habe es mir nehmen lassen – von der Zeit, vom Alltag, von Problemen, von widrigen Umständen.
In Amerika wird das neue Jahr oft als ein Baby mit weißen Windeln dargestellt – als Synonym für einen Neuanfang. Diesen Anfang gibt es aber leider nicht, die Reset-Taste scheint defekt.
Das Baby müsste also eigentlich weinend und mit einer vollen Pampersladung abgebildet werden.
Man kann es drehen, wie man will, das neue Jahr ist eben nur ein direkter Abkömmling des vorherigen Jahres. Und das war nicht gerade berauschend.
Das Thema Nr. 1, dessen Name hier nicht genannt werden soll, bestimmt auch 2022 unser Leben. Innenpolitisch knirscht es gehörig, außenpolitisch rumort es bedenklich. Das übrige Drumherum stimmt uns auch nicht wirklich positiv. Inflation und extrem steigende Energiepreise, Preisexplosionen bei Kraft- und Baustoffen, Preisanstiege bei Lebensmitteln und so weiter und so weiter …
„O tempora – o mores“, sagt der Lateiner: „Was für Zeiten! Was für Sitten!“
Die Zeiten sind lausig, politisch wie wirtschaftlich, daran ändert auch ein Kalenderwechsel nichts!
Die Sitten scheinen verroht, jedenfalls was den zwischenmenschlichen Umgang betrifft.
Doch daran können wir etwas ändern.
Es liegt an uns, wie wir miteinander umgehen.
Es liegt an uns, ob wir uns darauf einlassen, uns gegenseitig zuzuhören, auch wenn wir nicht einer Meinung sind.
Es liegt an uns, nicht nur in Schwarz und Weiß zu denken.
Wir entscheiden, wie wir unsere wertvolle Lebenszeit verwenden.

Vielleicht wird dieses Jahr dann doch besser als die bisherigen Prognosen. Es liegt an uns!

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