von Jan Knaupp

Achtung – in zwei Monaten ist Weihnachten. Jetzt sind Sie platt, diese Nachricht hat Sie kalt erwischt. Oder? Sie können das ruhig zugeben. Ich bin da auch ganz ehrlich. Mich erwischen alle Termine, die nicht in einem überschaubaren 7-Tage-Rhythmus eingetaktet werden können, generell kalt. Das bedeutet, ich bin in Sachen gehirnspeichernde Datenerfassung fast vollkommen überfordert.
Vergesslichkeit ist eine unangenehme Sache, denn der Rattenschwanz des Vergessens kann furchtbar sein. Erst recht, wenn diese Problematik hauptsächlich in den privaten Sektor fällt. Entweder ist das nähere Umfeld oder aber man selbst betroffen. Ich bin wirklich erstaunt und erfreut, dass ich immer noch einen Bekanntenkreis habe, datierte Geburtstage sind alljährliche Härteprüfungen für mich. Ich finde es total bekloppt, dass man sich hier nicht nach Jahreszeiten oder wenigstens nach den Monaten richten kann. Stattdessen gibt es nur einen einzigen Tag pro Person im Jahr, und gerade den soll ich mir nun merken. Es wäre ja kein Problem, wenn hier nur ein bis zwei Stammdaten angelegt werden müssten, aber allein die Verwandtschaft sprengt diesen Rahmen schon zweistellig. Bei der Dunstkreisverwandtschaft besteht noch die Möglichkeit, aus spezifischen Vorab-Aktivitäten auf eine kommende Festlichkeit zu schließen. Bei familiären Verstrickungen, deren Stricke aber weitreichender sind, wird es schon kritisch. Wenn nicht im Vorfeld irgend ein Hinweis, z.B. in Form einer Einladung bzw. einer Geschenkbeteiligungsaufforderung, bei mir eintrifft, habe ich eigentlich schon verloren. Ich weiß es nur noch nicht.
Dann kommen die Freunde, von denen man bekanntlich nicht genug haben kann. Bis jetzt habe ich noch welche, aber wer weiß, wie lange das anhält. Viele von diesen armen, von mir vergessenen Geschöpfen, hoffen mittlerweile nur noch auf den nachträglichen Entschuldigungsanruf. Um diese Peinlichkeit aufzulockern, behaupte ich dann immer, dass ich mich nur für sie mit der Gratulation zurückgehalten habe. Ich erkläre dann, dass an diesem bestimmten Datum fast die ganze Welt gratulieren möchte, das würde ja gerade an so einem großartigen Jubiläum nur stressen. Und es wäre doch eine überraschende Freude, dass ich mir meinen telefonischen Blumenstrauß für etwas später aufgehoben habe – vollkommen beabsichtigt natürlich.
Ich weiß jetzt nicht genau, ob diese Ausrede bisher immer glaubhaft erschien, aber nach diesem „So gesehen“ muss ich mir wahrscheinlich einen neuen Peinlichkeitsüberbrücker ersinnen. Also um Ihr Mitleid mit den von mir vergessenen Personen etwas abzuschwächen – ich bin auf dem besten Wege, dieses offenkundige Defizit auszumerzen. Ja, auch ich habe die Vorzüge der Datenübertragung erkannt. In meinem speziellen Fall übertrage ich die Daten an eine mit meinen Mängeln vertraute Person, die diese dann an mich zurück …
Nee, das ist falsch ausgedrückt. Also nochmal von vorn. Da mir leider keine Speicherkapazität für benannte Daten gegeben ist, musste eine mit meinen Mängeln vertraute Person, in jahrelang akribischer Kleinstarbeit, diese Daten lokalisieren und dokumentieren. Das zwölfblättrige Dokument, welches diese Daten Tag für Tag, Woche für Woche und Monat für Monat terminlich spezifiziert, hängt bei uns gleich neben der Küchentür und nennt sich „Geburtstagskalender“. Eigentlich dürfte mir kein Datum mehr durch die Lappen gehen und ich müsste generell immer der erste Gratulant sein – wenn ich nicht ständig vergessen würde, da drauf zu schauen!
Und somit bin ich wieder am Anfang der Kolumne. Hier eine wichtige Erinnerung für Sie: Achtung – in zwei Monaten ist Weihnachten. Vorfreude, schönste Freude!

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