Möchten Sie einen Doktortitel führen? Sie sind erfolgreich im Beruf, haben aber keine Zeit für ein jahrelanges Promotionsverfahren? Sie wollen diskret, schnell und legal einen Titel erwerben, der Ihnen zu mehr Prestige und Ansehen verhilft?
Auch ohne jahrelang zu studieren – kein Problem! Glaubt man jedenfalls dem Fax, das mich vor kurzem erreicht hat. Nun ja, ich muß zugeben, man fühlt sich doch etwas geschmeichelt. Qualität setzt sich eben durch. Bloß komisch, daß kein Universitätslogo oder ein behördliches Signum auf dem Faxpapier erkenntlich ist. Nur eine Fax-Nummer für mein eventuelles Antwortfax ist vermerkt. Aber so schnell geht es ja nun auch nicht. Erst einmal muß ich mich ja entscheiden, ob ich nun Dr. Jan Knaupp, Prof. Jan Knaupp oder vielleicht sogar Prof. Dr. Jan Knaupp genannt werden möchte. Und dann möchte ich natürlich wissen, welch anerkanntes Institut mein Potential erkannt hat und mir diese Würde verleihen möchte. Man möchte doch dann als akademischer Würdenträger nicht gleich als arrogant erscheinen, nur weil man sich nicht bedankt hat. Ein Dankesschreiben an die großzügigen Wegbereiter wäre ja wohl das mindeste.
Also rein ins Internet und erst einmal schauen, wo denn meine Förderer ihren Sitz haben. Aha, die Vorwahl ist die von Großbritannien. Kein Wunder, daß es mit Deutschland nicht vorangeht, wenn die, die wahre Größe erkennen, im Ausland sitzen. Wer könnte mein gut verstecktes Genie dort eigentlich bemerkt haben? Na ja, egal. Irgendeiner wird mich wohl bei einer meiner Londonreisen erspäht, begutachtet und für wertvoll empfunden haben. Wäre ihm ja auch nicht zu verdenken.
Also, schnell noch die komplette Faxnummer in die Suchmaschine und gleich werde ich wissen, von welcher Akademie ich mein Diplom, die Urkunden, die fertigen Dissertationsunterlagen etc. bekomme. Man sollte ja schließlich seinen grandiosen Werdegang belegen können. Vielleicht schicken die mir auch gleich noch so ein niedliches schwarzes Mützchen mit. Man möchte ja auch in der Öffentlichkeit auf einen erfolgreich absolvierten Studienabschluß nebst feuchtfröhlicher Graduation hinweisen. Wer hätte das gedacht – ich werde Würdenträger.
Doch Moment, die Suchmaschine ist fertig. „Zu der von Ihnen eingegebenen Rufnummer konnte leider kein Teilnehmer gefunden werden. Möglicherweise hat dieser Teilnehmer einer Rückwärtssuche oder einer Veröffentlichung seiner Kontaktdaten im Telefonbuch widersprochen“.
Wie bitte? Kein Eintrag- das geht doch gar nicht. So kurz vor meinem akademischen Aufstieg. Sauerei. Versucht hier jemand, mich auf‘s Glatteis zu führen? Vielleicht sollte ich mir dann das mit dem Antwortfax nochmal überlegen. Nicht, daß da vielleicht noch irgendjemand Geld von mir haben möchte. Könnte doch sein. Oder? Nee, dann laß ich das mal lieber. Sollen die doch mein Diplom und das dusselige Mützchen behalten. Der blöde Hut hält ja nicht mal die Ohren warm.
Obwohl, eigentlich kann ich nach diesem Erlebnis ja jetzt behaupten, daß ich meinen akademischen Titel nur knapp verfehlt habe. Dabei bin ich überhaupt nicht auf solche Titelschmückerei angewiesen. Schließlich bin ich ja auch so schon in aller Munde. Jedenfalls kommen die Großen der Wirtschaft mir mittlerweile sehr entgegen. So haben mich schon mehrere bekannte Unternehmen informiert, daß sie mich, durch meine erwiesene Treue, jetzt als Großkunde führen werden. Somit hätte ich Anspruch auf viele preisliche Vergünstigungen. Ich kann mich zwar bei einigen nicht mehr an den letzten Einkauf erinnern – aber egal. Außerdem erhalte ich wöchentlich Post von den verschiedensten Unternehmen, die mir mitteilen, daß großartigste Gewinne ausschließlich für mich bereitstehen, daß ich mit zwei Personen verreisen kann, aber nur für eine Person bezahlen muß. Auch Münzen und Bücher mit grandioser Wertsteigerung werden nur mir angeboten. Eine kleine Unterschrift, und schon gehöre ich zum Kreis der Bevorzugten. Überhaupt bin ich, glaubt man diesen Schreiben, immer der Auserwählte. Toll. Ja, mittlerweile bin ich ja nun auch noch Deutschland. Was brauch‘ ich da noch einen Doktortitel?