Steuererhöhungen – ein Thema, das abgedroschener nicht sein könnte. Tausendmal durchgekaut, tausendmal drüber gelesen und tausendmal Unmut darüber geäußert. Wahrscheinlich aber nicht laut genug. Denn unsere Bonner können oder wollen nichts hören. Und schon gar nicht, wenn ihre Beschlüsse und Überlegungen in Frage gestellt werden. Wenn die Volksseele dann doch mal so laut brodelt, daß auch die Lenker der Staatsgeschicke Stellung nehmen müßten, sind die regierenden Parteien aufs äußerste darauf beflissen, sich gegenseitig den schwarzen Peter zuzuschieben. In einer Zeit mit so vielen Problemen, die nur gemeinschaftlich lösbar scheinen, erinnert Bonn an einen bunt, gackernden Hühnerhof. Was ist das für eine Politik, bei der man versucht, ein Defizit-Loch zu stopfen, indem man ein anderes aufreißt? Wie ist es möglich, daß militärische Projekte wie der „Euro-Fighter” aus der Staatskasse finanziert und dafür im selben Augenblick dem Volke erklärt wird, daß das Staatssäckel löchrig ist? Aber die Rettung naht. Schnell scheinen sich neue Quellen zu erschließen. Neu? Nein, alte Quellen, auf die nach Meinung der demokratisch Entscheidenden immer dann zurückgegriffen werden kann, wenn Fehlplanung und „höchstwichtige” Staatsausgaben schon den Grund des besagten Säckels sehen lassen. Mineralölsteuer, Mehrwertsteuer, Energiesteuer oder die Rentenbeiträge und deren Erhöhungen – für unsere Politiker der einzig mögliche Ausweg aus der Misere. Daß diese Last aber wieder denjenigen aufgebürdet wird, denen so langsam die Puste ausgeht, scheint hierbei nicht zu interessieren. Warum auch? Um die Arbeitslosen kümmert sich das Arbeitsamt mit dem Gnadenbrot à la Sozialhilfe, und für die Obdachlosen sind ja soziale Vereine da. Und die scheinen das Geld auch noch zu horten, denn wie sonst wäre es dann zu erklären, daß ihnen jährlich immer mehr Mittel gestrichen werden. Mit zurückgehender Schülerzahl schrumpfen die Schuletats auf eine Weise, die ein Fortbestehen der Deutschen als ein Volk der Dichter und Denker schier unmöglich macht. Aber mit der Rechtschreibreform würden die Spätfolgen dieser Schrumpfung auch gar nicht mehr so auffallen.
Lieb Vaterland magst ruhig sein! Noch scheint die Grenze unserer Belastbarkeit nicht ganz erreicht. Noch nicht!