Die Wochen des Bangens sind vorbei. Das Hochwasser geht zurück, die Deiche werden ent­lastet, und die Evakuierten aus den betroffenen Gebieten keh­ren zu ihren Höfen und Häusern zurück. Tausende haben ge­kämpft und letztendlich gewon­nen. Gewonnen in so mancher Hinsicht. Den Kampf gegen das Wasser und den Kampf gegen so manches Vorurteil.
So wurde klar, daß die Bundes­wehr mehr kann als jährlich Gelder in Millionenhöhe zu ver­schlingen. Die Nachbarschaftshilfe bekam neuen Auf­schwung, die Menschen rück­ten wieder enger zusammen und die deutsche Bürokratie zeigt sich für unsere Verhältnisse fast unbürokratisch.
Auch den Ost-West-Konflikt scheint es in solchen Krisensi­tuationen nicht zu geben. Da standen auf den Deichen Hüt­tenstädter neben Kielern, die wiederum neben Beeskowern und die neben Hannoveranern. Und bis auf die verschiedenen Dialekte sprachen alle die selbe Sprache. Alle waren mit demselben Ziel in die bedroh­ten Regionen gekommen. Sie wollten helfen. Das was unsere Politik in sieben Jahren nicht vermochte, hat das Hochwasser in wenigen Wochen geschafft. Ganz leise zwar, aber mit stän­dig wachsender Kraft. Massen­aufmärsche aus allen Teilen des Landes. Diesmal ohne Transpa­rente mit dicker Aufschrift „Wir sind ein Volk“. Das war sowie­so allen klar. In der Not zeigt sich die Einigkeit sehr deutlich. Und auch jetzt ist es noch da, dieses „an einem Strang zie­hen“. Hilfskonvois und Spen­denaktionen reißen nicht ab.
Ob Lieschen Müller oder die Bank von nebenan, alle wollen einen Beitrag leisten und tun dies mit einer Bestimmtheit, die so noch nie dagewesen ist. So viel Freundschaft, Verständnis und Mitgefühl, ist es wert erhal­ten zu werden und das Mitein­ander sollte wieder ein fester Bestandteil unseres Lebens wer­den – auch ohne Hochwasser.