Gehören Sie auch zu den ewig positiv Denkenden? Wenn ja – warum eigentlich? Positiv denken – das ist nicht nur dusselig, das ist auch Selbstbetrug. Ja, ich weiß, für den einen ist das Glas halb leer, für den anderen ist das Glas dagegen halb voll. Für mich ist es immer halb leer – das brauch mir auch kein positiv Denkender schönzureden, verdammt nochmal!
Aber so richtig angenehm negativ zu denken ist heute ja nicht mehr gesellschaftsfähig. Alle sind nur noch cool drauf, besonders hipp, mega relaxt – man denkt positiv. Positiv denken – wir sind doch keine Blumenkinder, die im Grasnebel alles rosarot sehen. Positiv denken geht vielleicht im privaten stillen Kämmerlein, aber doch nicht im Alltag, verdammt nochmal!
Vielleicht würde ich ja positiver denken, wenn ich es nicht immer vergessen würde. Man soll ja besonders in negativ behafteten Situationen positiv denken. Das geht bei mir überhaupt nicht. Ich wüßte auch gar nicht, warum ich aus bescheidenen Situationen positive Gefühle filtern sollte. Außerdem liebe ich es, so richtig angenehm negativ zu denken, verdammt nochmal!
Was soll ich zum Beispiel positiv daran finden, daß ich heute aus der Beifahrerseite meines Autos klettern mußte, nur weil die Fahrertür der Meinung war, sie müßte zufrieren. Apropos frieren. Was soll ich daran positiv finden, daß ich mir hier während der globalen Klimaerwärmung den Ast abfriere. Wenn sich sonst überall das Klima erwärmt, dann fühle ich mich hier bei dieser Affenkälte total ausgeschlossen. Das weckt doch keine positiven Gefühle, verdammt nochmal!
Was soll ich daran positiv finden, wenn meine ganz persönliche Bequemlichkeit verschiedenen Politessen ein Dorn im Auge ist. Ich hasse nämlich lange Fußwege im Alltag. Spazieren gehen kann ich später noch genug. Besonders dann, wenn man mich ins Heim abschoben hat (…schön negativ gedacht). Bis dahin brauche ich kurze Fußwege, verdammt nochmal!
Apropos, Fußwege. Wenn man jetzt unterwegs ist, dabei mit profilbesohltem Fuß in einen Haufen gefrorener Hundeexkremente latscht, bekommt man das Dilemma erst mit, wenn sich bei wärmeren Temperaturen der Gestank verbreitet. Bei mir stank letzte Woche der PKW tagelang wie ein ungarisches Hundeasyl, natürlich erst nachdem die Heizung die Eisblumen im Innenraum aufgetaut hatte. Soll ich dabei etwa positive Gedanken entwickeln, verdammt nochmal!
Was soll ich Positives daran finden, daß ich trotz Beschmierung mit teurer Antifaltencreme morgens wie abends gleich zerfleddert aussehe. Was ist toll daran, wenn ich frisch aus der Waschanlage komme und die Windschutzscheibe etwa zehn Minuten später aussieht, als hätten sich Flugsaurier darüber entleert. Das ist doch nicht positiv, verdammt nochmal!
Was soll Positives daran sein, immer positiv zu denken. Ich empfinde es oft als ein schönes Gefühl, so richtig angenehm negativ in die Weltgeschichte zu blicken. Und wenn ich dann auch noch in so manch angestrengter Situation jenes super klasse böse Wort mit Schei.. aussprechen kann (wenn möglich, gleich dreimal hintereinander!), dann ist dieses negative Gefühl fast schon wieder positiv für mich – verdammt nochmal!